Neufundland Trailway 1300km Reiserad
Kanada | Neufundland | Newfoundland | St Johns
Neufundland Trailway 1300km Reiserad
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Reiseziel im Überblick
Einleitung
Neufundland? Wo liegt das denn?
Interessante Fakten – Eine Insel der Superlative
Vorbereitung und Planung
Der T’railway
Die neue Art zu wandern | Das Rad, die Vorteile, das Erlebnis
Mein Rad ist mit dabei | Tipps zum Radtransport
Unsere Tour im Überblick
Nützliche Links und Downloads
Reisebericht
Das Buch zur Reise
Reiseziel im Überblick zurück zur Liste
Land | Region | Kanada Ostküste | Neufundland |
Reiseroute | ab/an St Johns, 1750km quer über die Insel in einer Achter Schleife, teilweise auf asphaltierten Straßen, teilweise auf dem schottrigen T'railway |
Reisezeit | Dauer | 9.August bis 05.September 2019, 4 Wochen |
Klima | Wetter | subarktisches Klima | kühlere Sommer, schnelle Wetterumschwünge,trotzdem mit Sommertemperaturen in Mitteleuropa zu vergleichen |
Reiseart | Aktivität | mit Rad | auf Straßen und Schotterpisten mit dem Reiserad unterwegs |
Übernachtung | 1. und letzte Nacht im Hotel in St Johns, der Rest wild im Zelt, es gibt auch einige Campingplätze, die werden wir aber nur notfalls ansteuern |
Flora | Fauna | Wälder, viele Seen und Flüsse, aber auch endlose Wiesen | Schwarzbären, Karibus, Füchse, Squirrels, Stachelschweine und jede Menge Elche und Mücken |
Sicherheit | Tourismus | sehr sicher | wenig Pauschaltourismus, eher Individualtouristen und Backpacker |
Anreise | Mit Flugzeug (Condor oder Air Canada) via Festland nach St. John's |
Wildnis Faktor | extrem hoch | wild zelten, viel Natur, wenig Menschen, viel Wasser in Form von Seen und Flüssen |
Kocher Info | viele Tankstellen, Gaskartuschen haben wir vereinzelt in großen Supermärkten gesehen, aber sehr selten |
Einkaufsmöglichkeiten | viele kleine Orte mit Minimärkten, aber auch große Walmarts | dennoch 300km auch mal ohne Supermarkt |
Einleitung zurück zur Liste
Immer wieder wurden wir in letzter Zeit von Freunden, Bekannten und Verwandten gefragt, wo es denn dieses Jahr wieder hingeht. Bis vor kurzen hatten wir uns damit auch sehr bedeckt gehalten. Nicht, weil wir daraus ein Geheimnis machen wollten, sondern weil wir noch kein festes Ziel im Auge hatten. Es kam so viel in Frage und doch war nichts richtiges für uns dabei. Es war ein ständiges Hin und Her. Hatten wir mal ein Ziel anvisiert, gab es nicht die passenden Flüge oder irgendwas stimmte an der Destination nicht.
Es war wie verhext und schon bald machte ich mir Sorgen, ob wir 2019 überhaupt in die Ferne reisen würden. Ein Urlaub in Europa? Nein, auf keinen Fall. Überall zu überlaufen. Mal wieder stießen wir auf Nova Scotia und Neufundland, doch auch hier sprach vieles gegen einen Wanderurlaub. Ein zu großes Reiseziel, um am Ende wirklich sagen zu können: Man hat die Region wirklich gesehen. Es wären kleine Wanderungen in verschiedenen Ecken geworden, verbunden mit langen Transferzeiten in Bussen und Flugzeugen.
Dann kam mir aber die spontane Idee, und ja wir hatten sie schon immer im Kopf, endlich mal eine Radtour in Angriff zu nehmen. Täve ist mit 8 Jahren alt und fit genug, auch mal etwas länger in die Pedalen zu treten. Ich konzentrierte mich auch Neufundland bei der Planung um so wenig wie möglich Zeit für Transfers nach/von Nova Scotia mit einzuplanen.
Es war ein langer, beschwerlicher Weg bis die Tour für Neufundland stand, aber nun können wir mit ruhigem Gewissen sagen, dass wir wieder einmal einen genialen Plan haben: Mit den Reiserädern 1750 km durch Neufundland in einer 8-ter Schleife, unserer L∞p. Klar, wird uns auch dieses Mal jeder einen Vogel zeigen, wie immer. Sind wir ja gewohnt. Wenn man aber mal die Zahl näher betrachtet und auf 30 Tage verteilt, sind es nur 60 km am Tag. Wir haben ergo 8-10 Stunden dafür Zeit. Das sollte doch machbar sein, oder?
Neufundland? Wo liegt das denn? zurück zur Liste
Klar, wenn uns Jemand fragt, wo es dieses Mal hingeht, könnte man auch einfach mit „Kanada“ antworten. Aber mal ehrlich, wenn Ihr Urlaub auf Mallorca macht, sagt Ihr ja auch nicht „Wir machen Urlaub in Europa“? Kanada als zweitgrößtes Land der Erde hat nämlich die Fläche von Europa und mal ganz nebenbei: Klingt der Name Neufundland nicht irgendwie genial? Uns beweist es schon mal wieder, ein gutes Ziel gewählt zu haben, dass von 10 Leuten 9 nicht wissen, wo Neufundland liegt.
Neufundland liegt auf europäischen Breitengraden. Die nördliche Grenze liegt auf der Höhe von Leipzig, während die südliche Grenze bereits im norditalienischen Bozen liegt. Trotzdem kann man vor Ort nicht mit mittel- bis südeuropäischem Klima rechnen. An der Nordküste kommen im Frühjahr sogar Eisberge vor. Daher sollte man eher mit durchwachsenem Wetter rechnen, im Sommer liegen die Temperaturen bei 20- 25 Grad, selten wärmer. Die Nächte um die 10 Grad. Das sind meine Wohlfühltemperaturen.
Einfach erklärt liegt es zwischen Grönland und Ostkanada. Es stellt den östlichsten Teil Kanadas dar und war in den Anfängen der Atlantikflüge ein wichtiger Zwischenpunkt um aufzutanken. Heute spielt die viertgrößte Insel Kanadas nur noch eine untergeordnete Rolle. Dafür ist sie bei Wanderern beleibt und durch den Gros Morne Nationalpark sehr bekannt geworden. Aber auch der East Coast Trail ist für Viele ein Begriff. Doch
Wir können jedoch verstehen, dass Einige diese Insel nicht kennen. Sie erscheint selten in den Pauschalreisekatalogen und hat auch sonst für den klassischen Tourismus wenig zu bieten. Es fehlen einfach die Traum-Badestrände, gut strukturierte Hotellerie und konstant warm bis heißes Badewetter. Für den wahren Outdoorer, Naturenthusiasten und Ruhesuchenden ist es wohl aber das Paradies.
Bitte beachtet, dass Neufundland zu Kanada gehört und man ein ETA benötigt um visafrei ins Land rein zu kommen (ähnlich ESTA für USA).
Interessante Fakten – Eine Insel der Superlative zurück zur Liste
Bevölkerungsdichte
Nach der Mongolei 2018 greifen wir auch gern hier wieder das Thema auf. Während die Mongolei mit 2 Ew/km² wirklich dünn besiedelt ist, kann Neufundland als Region betrachtet noch gut mithalten. Auf einer Fläche so groß wie die ehemalige DDR (in der mal 17 Millionen Menschen lebten) leben nur 500.000 Einwohner. Ergo 4,5 Ew/km², wobei die Zahl im Hinterland noch kleiner sein sollte, da allein in der Hauptstadt St. Johns 100.000 Menschen leben.
Luft- und Raumfahrt
In den Anfängen der Atlantikflüge wurde in den 30iger Jahren der damals größte Flughafen der Welt in Gander, mitten in der Wildnis, errichtet. Er sollte für Zwischenlandungen dienen um aufzutanken, aber auch für den Notfall. Heute halten nur noch die Piloten bei ihren Transatlantikflügen Kontakt mit Gander Control als wichtige Flugsicherungszentrale. In Zeiten des Space Shuttles wurde Gander auch als Notlandeplatz auserkoren.
Geologie
Auf Neufundland, speziell in Gros Morne, findet man mit 1.25 Milliarden Jahren nicht nur sehr altes Gestein, sondern nebenbei kann man in den Tablelands auf dem Erdmantel laufen, was so nur auf sehr seltenen Flecken auf der Erde möglich ist. Normalerweise befindet sich der Mantel unter der Erdkruste, aber dort hat sich der Mantel wie ein Pickel nach oben gedrückt und eine Wanderung über die ockerfarbenen Felsen gleicht einer Wanderung in einer anderen Welt.
Ein besonderer Radweg
Die einzig vorhandene Eisenbahnlinie wurde Ende der achtziger Jahre eingestellt. Kurzerhand wurde aus dem Railway ein T’railway. Das Gleisbett, was meistens mitten durch die Wildnis verläuft, wurde in einen Radweg umgebaut, der auch viel von Quadfahrern genutzt wird. Die Gleise wurden entfernt, die Brücken instand gesetzt und herausgekommen ist ein grandioser, aber geschotterter, Radweg mitten durch die Wildnis Neufundlands.
Die Elch-Plage
Da hat man sich die Plage wohl selbst auf die Insel geholt. Ursprünglich gab es dort keine Elche und so wollte man durch die starke Dezimierung der Karibus durch die Jagd entgegenwirken. Doch als der einzige natürliche Feind des Elchs, der Wolf 20 Jahre später ausgerottet war, vermehrten sich die Tiere unkontrolliert. Mittlerweile spricht man von einer Population von 150.000 Tieren, auf einen Elch kommen also ca. 4 Menschen. Was des Einen Leid, ist des Anderen Freud. So wird dem Tierliebhaber sicher mal ein Elch vor die Kamera laufen.
Der Neufundland Schwarzbär
Ohja, Neufundland ist „bear country“. Diese endemische Art ist größer und schwerer als seine Festland-Artgenossen, wird aber als friedlich und sehr scheu beschrieben. Schätzungsweise leben 5.000 bis 7.000 Tiere auf der Insel (Einheimische sprachen sogar von 50.000), bevorzugt in den Nadelwäldern im Zentrum und Süden der Insel. Man sollte, und wir werden es auch, die üblichen Vorkehrungen treffen: Essen auf einen Baum ziehen, nicht im/am Zelt kochen, keine Essensreste liegen lassen, zu zweit in den Busch fürs Geschäft gehen, im Unterholz reden und laute Geräusche machen und nicht weglaufen, wenn der Bär doch mal näher kommt. Vorsorge werden wir mit Trillerpfeifen und Bärenspray vor Ort treffen. Aber ganz ehrlich: Wir waren 2010 vier Wochen in Ostkanadas Wäldern unterwegs, wo die Population noch viel höher ist, haben aber keinen einzigen Bären gesehen oder gehört.
Vorbereitung und Planung zurück zur Liste
Was habe ich mir nur dabei gedacht, eine 1750 km lange Route zu erstellen und zu planen? Im Vergleich zu den anderen Touren saß ich dieses Mal mehr am Rechner und habe mich mit der Tour befasst. Gut, Zeit hatte ich ja nun mehr, da ich mich nicht um den An- und Verkauf von Tieren kümmern musste. Was aber unterscheidet diese Planung von den anderen. Nein, es nicht nur die Länge der Tour, sondern die ungeahnt vielen Möglichkeiten einer passenden Runde, die Wegbeschaffenheiten, die Essensversorgung, die Anstiege mit ihren Höhenmetern und und und…Doch fange ich mal ganz von vorn an.
Als feststand, Neufundland mit dem Rad zu bereisen, sollte immer St Johns als Start- und Zielpunkt in Frage kommen. Den Anfangsgedanken, weiter nach Nova Scotia überzusetzen, verwarfen wir, da es dort zu bevölkert ist. Also musste eine Runde her. Schnell waren die ersten Wege geplant. Dabei war es uns wichtig, die Region um Gros Morne mit einzubauen, am Ende der Umkehrpunkt unserer Tour. Ansonsten waren wir frei in der Planung. So richtig wollte aber keine gelungene Runde entstehen, bis ich auf die Fährverbindungen an der Südküste stieß.
Da es dort unten keine Küstenstraße gibt, verbinden viele Fähren die kleinen Städtchen, die teilweise wirklich nur per Schiff zu erreichen sind. 350km Fährstrecke waren uns dann aber doch zuviel, sodass mir nun die einsamen Nord-Süd-Straßen gelegen kamen, die bis zu 300km einsam durch das Zentrum der Insel verlaufen. Es handelt sich hier um gut ausgebaute Straßen mit breiten Seitenstreifen, die nicht wirklich stark befahren sind, da sich am südlichen Ende dieser Straßen meist nur kleine Dörfer befinden.
Die Infrastruktur der Insel spielte uns super in die Karten. Es gibt nur eine große Straße, den Trans Canada Highway No.1, der von St. Johns bis nach Port Aux Basques (Fähre nach Nova Scotia) im nördlichen Halbkreis verläuft. Bedeutet, das der gesamte restliche, südliche Teil nur kleine Nebenstraßen hat, teilweise sogar nur Schotterpisten. Irgendwann stand dann die Runde grob und bei näherer Betrachtung viel mir ein Abschnitt auf, der quer durch die Wildnis abseits von allen Straßen und Wegen verlief. Beim Reinzoomen stand überall T’railway. Was bitteschön? Dazu gleich mehr im Detail im nächsten Abschnitt.
Am Ende entstand eine Runde wie eine Acht, unsere L∞p. Neben dieser 1750 km langen Hauptrunde hatte ich aber auch viele Nebenwege und Alternativen mit eingebaut um abzukürzen oder aber schneller auf Straßen voranzukommen, sollte der T’railway beschwerlich sein. Ein wenig Angst hatte ich schon, denn ich las auch von sandigen Passagen, wo man schieben muss. Im Gedanken baute ich auch schon mein Trekking Rad zu einem Gravel Bike um, dazu aber später. So sollte die Traktion auf breiteren Reifen und weniger Luftdruck dafür sorgen, dass wir halbwegs die Spur halten könnten.
Nun folgte die Detailrecherche. Nein, Wildcamps und Wasser brauchte ich auf der Karte nicht zu suchen und markieren, ich wäre nie fertig geworden. Wasser und Seen gibt es dort überall und die Möglichkeiten, sein Zelt wild irgendwo aufzuschlagen, schier unendlich. Apropos wild zelten: In den Nationalparks ist es verboten und nur mit Permit erlaubt, in den Reserves dagegen erlaubt im Rest der Insel geduldet. Ich habe von Erfahrungen gelesen, wo Einheimische sogar Tipps gaben oder man im Vorgarten nächtigen konnte. Trotz dieser Situation haben wir das grüne, gut getarnte Kaitum für diese Tour ausgewählt, jedoch in Kombi mit einem Tarp um eine Unterstellmöglichkeit mitten in der Pampa zu haben und um am Abend auch mal bei Regen vorm Zelt sitzen zu können.
Zurück zur Detailplanung. Da man am Tag bis zu 60 km schafft, kommt man ja auch häufiger an Orten vorbei um für Essensnachschub zu sorgen. Denkste? Es gab Abschnitte auf der Tour, wo auf 300 km wirklich nichts zu finden war. Dafür wieder andere Abschnitte, wo jeden Tag wenigstens ein Minimarkt am Weg lag. Ich verzeichnete erst einmal alle bekannten Minimärkte (Convenience Stores), Supermärkte, Tankstellen, aber auch Campingplätze. Alles versah ich mit Kilometerangaben und musste nun eine Excel Tabelle anlegen um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viele Kilometer zwischen den einzelnen Supermärkten lagen.
Diese Tabelle sollte vor Ort Gold wert sein, denn so konnte man nun bei jedem Einkauf weise vorausplanen und wusste, für wieviele Tage man Proviant nachkaufen muss. Die Tankstellen stellten hier weniger ein Problem dar, da die 1L Benzinflasche locker eine Woche hält und zudem noch vom Hobo unterstützt wurde. Zum Einsatz werden drei GPS Karten kommen, wobei bereits nach Montenegro jetzt schon ein 2.Mal festgestellt werden muss, dass die überteuerten Garmin Topo Karten (Kanada V3 Topo) die schlechteste Option von allen ist. Openstreetmap ist auf jeden Fall super, aber auch die kostenlose Karte von Ibycus.
Thema Drohnen: Die kann und muss zu Hause bleiben, da seit Sommer 2019 ein neues Gesetz in Kanada gilt, was für mich ein wenig unklar ist. Man muss seine Drohne registrieren lassen und einen Pilotenschein ab 350 gr Drohnengewicht vorweisen. Dahingehend will ich keinen Ärger mit eine nicht registrierten Drohne haben. Zwar schade, aber es wird wohl auch mal ohne gehen.
Abbruchszenarien? Die gibt es bei uns immer, denn keiner wusste, wie weit wir kommen würden. Eine Busverbindung, die täglich einmal auf dem Highway No.1 in beide Richtungen verkehrt, transportiert auch Fahrräder. Also egal, wann wir abbrechen würden, ein Rettungsanker würde es immer geben.
Der T’railway zurück zur Liste
Davon hatte ich noch nie gehört, doch eine Recherche im Netz ergab einen glücklichen Zufall. Knapp 700 km des 900 km langen Teilabschnitts des TCT’s, dem mit 24.000 km längsten Wanderwegnetz der Welt, verliefen von unserer Route genau auf diesem T’railway, ein ehemaliges Gleisbett, was über hunderte von Brücken führt.
Die Zugstrecke wurde im Jahre 1988 eingestellt, da immer mehr Menschen und Ware auf den neu entstandenen und fast parallel verlaufenden Highway verlagert wurde. Nach fast 100 Jahren musste die Strecke der Neuzeit weichen. Sie wurde einst gebaut um die Hauptstadt St.Johns mit der Mine in Buchans und den Hafen Port aux Basques zu verbinden.
Hier die letzte Fahrt ab St.Johns
Hier ein paar Fotos der alten Züge und der Strecke
Die Schienen wurden entfernt und beim Befahren des T’railways weisen nur noch alte Relikte wie 10 cm lange Stahlnägel oder die teilweise vergrabenen Schwellen auf den alten Railway hin. Der Gleisschotter blieb und mit ihm die Ungewissheit wie gut diese Trail befahrbar sei.
Dabei variiert nicht nur die Beschaffenheit des Belages, sondern auch die Breite des Weges. Zwischen 2 und 5 Meter gibt es alles. Manchmal ragt das Buschwerk soweit auf den Trail, dass man die Wahl zwischen schlechtem Untergrund unter Buschkontakt hat. Die einzige gute Nachricht für Bergmuffel. Es gibt keine steilen Rampen oder Anstiege. Wenn es bergauf oder -ab geht, dann meist sanft. Das war aber auch die einzige gute Nachricht, den Trail betreffend.
Während in St. Johns oder anderen kleinen Städtchen der Untergrund gut befahrbar ist und man ohne weiteres 20 km/h fahren kann, gibt es es Abschnitte mitten in der Wildnis, wo Einem faustgroße Steine oder 30 cm tiefer Sand an der Weiterfahrt hindern. Dann kommt man mit Laufen schneller voran und ist auch sicherer unterwegs. Nicht wenige Momente hat es uns aus dem Gleichgewicht gebracht und fast einen Sturz verursacht.
Meist hat man die Wahl zwischen zwei fahrbaren Linien, die von Pickup’s und Quads gespurt worden. Dazwischen liegt meist ein 10 bis 20 cm hoher Steingeröllwall. Man muss vorausschauend fahren und entscheiden, ob links oder rechts besser ist. Eine Wahl, die gut überlegt sein sollte, denn der Spurwechsel über den kleinen Steinwall birgt Gefahren.
Landschaftlich verläuft der Trail durch nahezu unberührte Natur, von der man meist nicht mitbekommt, außer man pausiert und lässt den Blick schweifen. 100% Aufmerksamkeit sollte immer dem Trail gelten. Missachtet man diese goldene Regel und sucht nach Tieren in der Ferne, wird man mit einem Schwenker nach links oder rechts ins Gebüsch bestraft, verursacht durch einen übersehenen Stein.
Ein was Gutes hatte der Trail allerdings: Entlang des Weges gibt es unendlich viele Camp Spots, die Einen förmlich dazu einladen, wild zu zelten, was auch völlig akzeptiert und toleriert wird. Auf den einsamen Abschnitten, bspw. zwischen Badger und Howley sieht man tagsüber keine Menschenseele und hat die Natur nur für sich allein.
Nervend blieben uns jedoch die Abschnitte in Erinnerung, wo man sich teils 20 m entfernt vom Highway durch den Schotter graben durfte. Da fiel die Entscheidung nicht schwer, auf den Highway zu wechseln, der eigentlich kein richtiger Highway ist und somit auch Radfahrer zulässt. Der 2-3 m breite Seitenstreifen macht das Vorankommen ein wenig erträglich.
Unser Tipp: Je breiter der Reifen (2.0 oder mehr) und je weniger Luftdruck, umso besser kommt man voran. Revue passierend würde ich sagen, dass der T’railway für ein voll bepacktes Reiserad nichts ist. Es verdirbt Einem ein wenig den Spaß am Radfahren. Die Gelenke schmerzen, man kommt langsam voran und sieht nichts von der Gegend. Weniger bepackt mit einem Fatbike und den neuzeitlichen Rahmen-, Sattel- und Lenkertaschen, ggf. noch mit Rucksack, und die Sache könnte richtig Spaß machen.
Am Rande sei erwähnt, dass der T’railway durchaus auch als Wanderweg zu empfehlen ist, gerade für Leute mit wenig Trittsicherheit. Außerdem ist er gut geeignet für Wanderer mit Pilgerwagen oder abenteuerlichen Familien wie wir, die mit Kinderbuggy unterwegs sein möchten. Im Winter ist es gut vorstellbar, den Trail auch mit Pulka zu bestreiten, zumal einige Abschnitte durch die Schneemobile gut gespurt sein sollten.
Neben den Tipps auch eine Warnung: Obwohl der Railway mal Städte verbunden hat, gibt es auch Abschnitte, wo man je nach Reisestil auch mal 4-5 Tage unterwegs ist, ohne durch eine Stadt oder Dorf zu kommen. Das heißt, hier muss mit dem Proviant gut geplant und recherchiert werden.
Die neue Art zu wandern | Das Rad , die Vorteile, das Erlebnis zurück zur Liste
Für mich ist es ja nicht das erste Mal, mit dem Rad und Zelt unterwegs zu sein. Auf meinen Solotouren durch die Alpen konnte ich schon so einige Erfahrungen sammeln und habe es lieben gelernt. Einem Randonneur muss ich ja wohl nicht erklären, welche Vorteile diese Art zu reisen mit sich bringen. Yvonne war neugierig und ich klärte sie auf. Radwandern ist etwas zwischen wanderen und mit dem Auto unterwegs sein. Da letzteres nie für uns in Frage käme, betrachten wir es eher aus der Richtung wandern.
Man kommt schneller voran, sieht mehr, bekommt mehr Eindrücke von einer Region und ist doch so langsam unterwegs um es genießen zu können. Jederzeit anhalten, pausieren, genießen. All das ohne Windschutzscheibe zwischen Einem selbst und der wilden Natur. Immer an der frischen Luft, immer aktiv. Natürlich gibt es auch einen Nachteil. Beim wandern zu Fuß kann man wesentlich unwegsameres und somit auch einsameres Gelände erkunden. Mit Neufundland und dem T’railway haben wir aber sicher auch eine ruhige Option gefunden.
Ein anderer großer Vorteil sind die geringeren Strapazen für den Körper. Da man das Gepäck am Rad befestigt, sollten Rückenschmerzen und abnormales Schwitzen der Vergangenheit angehören. Außerdem kann man es bei Abstiegen bzw. Bergab-Verläufen auch mal rollen lassen, entspannen und dabei trotzdem Kilometer machen. Beim Wandern musst Du Dir jeden Meter hart erkämpfen.
Bei der Gepäckplanung kann man auch großzügiger an die Sache herangehen, denn am Rad kann man locker 20 bis 25 kg Gepäck befördern, auf dem Rücken ist das schon eine andere Hausnummer. Leistungsdefizite können ebenfalls ausgeglichen werden, indem der Stärkere die schwereren Taschen nimmt. Nicht, dass all das schon viel versprechend klingt, nein. Dazu kommt auch eine technische Raffinesse: Wir benötigen kein Solarpanel, um unsere Powerbanks aufzuladen, wir nutzen unsere beiden Nabendynamos zum aufladen. So sind wir noch autarker, noch wetterunabhängiger. Dynamo Harvester und Buschmüller E-Werk sind das Maß aller Dinge.
Wie oben jedoch bereits angemerkt, ist Reiserad nicht gleich Reiserad. Mein aktuelles Stevens Pinion ist eher ein Straßenrad, mit 1.5 Zoll Bereifung, Schutzblechen und Lichtanlage. Ich wusste sofort, dass es damit keinen Spaß machen würde, 700km auf Schotter zu fahren. Es begann nun eine ungewisse Umbauphase: Welche Bereifung passt maximal in den Rahmen ohne zu schleifen? Wie verändert sich das Fahrgefühl? Braucht man Schutzbleche und Lichtanlage?
Am besten passten die 2.0 Zoll Contact Travel Reifen von Continental für 26 Euro, wo ich zum Rahmen immer noch locker 5 mm Platz habe. Das Semiprofil wird auf Straße und im Gelände gute Dienste verrichten. Ein Vollprofil kam für mich nie in Frage, da es vermutlich nicht in den Rahmen gepasst hätte und für die Straße ungeeignet gewesen wäre. Knapp wurde es nur ein wenig bei der Low Rider Montage des Tubus Tara. Eine echt knappe Sache, aber am Ende passt alles. Mit den 28-er Reifen und 2.0 Zoll Breite mutet das Rad fast wie ein 29-er an.
Die Schutzbleche mussten ab, die Lichtanlage auch. Beides brauchen wir nur bedingt, denn wenn es richtig schüttet, schützt uns das Tarp während des Pausieren und nachts wollen wir nicht fahren. Letztendlich ist man beim Gewicht wieder beim alten, denn die größeren, dickeren Reifen wiegen schon einiges. So liegt das Radgewicht bei 14 kg.
Mein Rad war nun gerichtet, Täves 20 Zoll Mountain Bike auch. Durch Zufall fanden wir ein Reiserad für 300 Euro im Netz. 2 Jahre alt, keine 500 Kilometer gefahren. Mit 27-er Kettenschaltung, V-Brakes, Schutzbleche, Nabendynamo und Rennradlenker mit Lenkerendschaltgriffen. Nur der Low Rider fehlte, aber da hatte ich noch einen übrig. Das Rad wurde auch gleich für die Schotterpisten flott gemacht. Lichtanlage, Schutzbleche ab und neue Bereifung drauf. Hier passte leider nur die 1.75 Zoll Version des Continental Reifens, aber immerhin besser als nichts. Nun haben wir drei geländetaugliche Reiseräder, minimiert in der Ausstattung, maximiert in der Universalität und im Aussehen.
Viele machen sich ja mal wieder berechtigt um Täve Gedanken, wie er die Tour meistern wird. Jeder, der unseren Sohn kennt, weiß, dass er ein Kämpfer ist und viel Rad fährt. Jedoch sollte man einen Rettungsanker parat haben. Sprichwörtlich habe ich da an ein Seil gedacht, mit dem ich ihn an den längeren Anstiegen auch mal unterstützend hochziehen kann. Wichtiger denn je werden kleinere Pausen sein, denn am Ende ist doch immer noch der Weg das Ziel, oder?
Mein Rad ist mit dabei | Tipps zum Radtransport zurück zur Liste
Bei der ganzen Schwärmerei für diese Sache ging dem Ganzen aber auch einige Probleme voran. So ist es extrem kompliziert, die Räder erst einmal dort hin zu bekommen. Das fängt beim Verpacken der Räder an und hört erst beim Transport vor Ort zur Unterkunft wieder auf.
So musste ich nun erst einmal die Räder abmessen, wie groß sie im minimalen Fall auseinander gebaut sein würden. Die Kartons waren dann schnell beim lokalen Radhändler Joos besorgt, ein kleines Trinkgeld gab’s in die Kaffeekasse, weil sie uns ideale Kartons bereitstellten. Stabil und perfekt von den Abmaßen.
Hat man nun die Kartons, muss man sich nun eine Airline heraus suchen, die diese auch auf unkompliziertem Weg kostengünstig und garantiert mitnimmt. Da es nur begrenzte Kapazitäten in jedem Flieger gibt, sollte man sich vor Buchung der Flüge erkundigen, ob Plätze vakant sind. So habe ich den Fehler gemacht, bei Condor zu buchen, die im Interline Agreement mit Westjet zusammenarbeiten.
Condor bestätigte mir die Räder, Westjet jedoch nicht, da sie das nie tun und man auf gut Glück seine Räder am Checkin abgibt. Condor deutete das als Absage und verweigerte mir komplett den Radtransport. Somit stornierte ich die gesamte Buchung, sehr enttäuscht von Condor.
Mir blieb nun nichts anderes übrig als auf Linie auszuweichen und landete bei Aircanada. Ich achtete darauf, weder einen Codeshare Flug noch eine andere Airline zu buchen. Alle Flüge sollten reine „Operated by Aircanada“-Flüge sein, dies sollte die Radanmeldung sehr vereinfachen.
Unsere Tour im Überblick zurück zur Liste
So sah der Plan aus: 1750 km und 12000 Höhenmeter
Video unserer Route
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Ibycus GPS Karte | Kostenlose Karte und gutes Backup zu Openstreetmap |
Drohnen in Kanada | Bis 350gr braucht man keine Permit, ansonsten ist mir der Aufwand dafür zu hoch (Registrierung und Pilotenschein) |
Gros Morne Traverse Permit | Wer im Gros Morne auf den beiden Traversen wandern möchte, sollte bereits Anfang des Jahres buchen, telefonisch oder per Mail |
Taxitransfer RedYellow | Wenn Ihr den Transfer vorab buchen möchtet. Normale Preis, im Gegensatz zu CityWideTaxi, die 50 CAD mehr wollten |
Cozy pet friendly Home | günstige (3P für 44Euro) und familiäre Unterkunft 11km vom Flughafen entfernt, Supermarkt und Tankstelle in der Nähe |
ETA Kanada | Bitte denkt dran, um visafrei in Kanada einzureisen, müsste Ihr online ETA beantragen, 7 CAD je Person |
T'railway | Informationen zum T'railway, der mittlerweile sogar ein Provincial Park ist |
Trans Canada Trail | Weitere Info's zum T'railway als Teil des TCT |
Der East Coast Trail | Ein schöner, aber kurzer Fernwanderweg an der Ostküste |
East Coast Trail 2.Link | Weitere Informationen zum Küstenwanderweg |
DRL Buslinie | Fahrplan und Preise der täglichen Busverbindung zwischen St. john's und Port aux Basques |
Fährverbindungen> | Fahrpläne und Preise für alle Neufundland Fähren, hier speziell Bay L'Argent nach Pools Cove |
Reisebericht zurück zur Liste
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Tagesliste
1.Tag Strandcamp | 2.Tag Fuchscamp | 3.Tag Rohrduschencamp | 4.Tag Highwaycamp | 5.Tag Elchknochencamp | 6.Tag Karibucamp | 7.Tag Blaubeercamp | 8.Tag Schulbuscamp | 9.Tag Lake View Terrace Camp | 10.Tag Straßencamp | 11.Tag Grand Falls Camp | 12.Tag Vogelcamp | 13.Tag Stangenbruchcamp |14.Tag Quellencamp |15.Tag Deer Lake Camp |16.Tag Rocky Harbour Camp | 17.Tag Rocky Harbour Camp | 18.Tag Traumcamp |19.Tag Bibercamp | 20.Tag Corner Brook Camp | 21.Tag Corner Brook Camp | 22.Tag Buschabwehrcamp | 23.Tag Waldcamp | 24.Tag Aussichtscamp | 25.Tag Aussichtscamp | 26.Tag Der finale Tag | Abspann |Fazit
Wir befinden uns in Howley, mitten in der Wildnis Neufundlands rasten wir in dem kleinen, beschaulichen Städtchen. Zwei Wochen liegen nun hinter uns und wir haben erst 700 der 1750 geplanten Kilometer zurück gelegt. Der Trailway hat unsere Nerven, Kräfte und Gelenke zur Genüge strapaziert. Jeder sehnt sich nach besserem Untergrund. Bitte keine faustgroßen Steine mehr, endlich mal schneller Rad fahren als nur Schrittgeschwindigkeit, nicht immer wieder absteigen und schieben. Dass der Tiefpunkt der Reise bevorstehen würde, ahnt bei dieser Pause noch Keiner.
Ab Ortsausgang beginnt ein sandiger, ca. 1.5 km langer Abschnitt. Fahren ist wieder mal unmöglich, doch das Schieben der Räder mit 20 bis 25 kg Gepäck fühlt sich an als würde man das Rad einen 20% Anstieg hochwuchten. Aufgrund des Gewichtes wühlt sich das Vorderrad tiefer und tiefer in den Sand. Die Sonne brennt, der Schweiß rinnt und das Mittagsmahl ist bereits nach 200 m Sand vollends verbrannt. Ein Ende des Sandes ist erst nach mehren kleinen Pausen und Wutausbrüchen in Sicht.
Während ich bis jetzt immer die Anderen ermutigen konnte, weiter zu machen, schreie ich nun auch mal mein volles Repertoire an Schimpfworten aus mir heraus. Zum Glück versteht Einen hier Keiner. Nun folgt wieder Schotter, kurze Erleichterung in den Gemütern. Kurz darauf dann die Ernüchterung. Nun vermischt sich Geröll mit Sand, wo sogar die Quads ihre Probleme bekommen. 10 km wechseln wir nun mit Schieben und Fahren ab, über 10 km/h kommen wir nicht.
Keine Witze mehr, kein Lachen, kein Genuss. Jeder ist in sich gekehrt, kämpft mit sich und den Gegebenheiten. Nach Howley und den wohl härtesten 11.5 km unserer Tour endet der T’railway abrupt am Main Dam vor einem verschlossenen Zaun. Nun reicht es uns. Wir steigen ab, die Räder fallen unsanft ins Gras, wir fallen daneben genauso unsanft um und liegen einfach nur so da und starren in den Himmel.
Haben wir uns so einen Aktivurlaub vorgestellt? Wir haben schon viele Strapazen in unseren vergangenen Urlauben durchgemacht, weil danach immer die ersehnte Entspannung kam, hier aber ist keine Entspannung in Sicht. Wir wechseln keine Worte, jeder ist vertieft in seine eigene Gedanken und doch weiß Jeder, was der Andere denkt: Tourabbruch?
10.August 1.Tag | Strandcamp zurück zur Liste
Es ist 9 Uhr, von selbst werde ich nicht wach, ich brauche die Unterstützung des Weckers. Wir waren erst 1 Uhr gelandet, gegen 2.30 Uhr fielen wir ins Bett. Erst einmal ausgiebig frühstücken, danach werden die 11 Taschen gepackt. Der weilen baue ich die Räder zusammen. Gegen 12 Uhr kommen wir los, nicht verspätet, sondern so geplant. Heute sollen nur noch 40 km gefahren werden, Hauptsache raus aus St. Johns. In Nähe besorgen wir alles Nötige. Wie praktisch doch die großen amerikanischen Einkaufsareale sind. In Laufdistanz finden wir alles, was wir brauchen.
Skeptisch beäugen wir den wechselhaften Wolkenhimmel. Die Wolken ziehen schnell vorüber, dazwischen immer wieder dunkle Fronten. Das Navi führt uns vorerst auf Hauptmagistralen zum T’railway, der quer durch die Stadt führt. Lange dauert es nicht und wir fahren die ersten Meter auf dem ehemaligen Gleisbett. Richtig gut lässt es sich rollen, auf dem platt gewalzten feinen Schotter. So kann es bleiben. Nun wollen wir Kilometer schrubben, doch werden erst einmal durch einen Starkregen ausgebremst. Zum Glück finden wir Unterschlupf unter einem Vordach.
So wohl ist uns bei der Sache aber nicht, denn links und rechts davon läuft das Wasser in Strömen die Wände hinunter, schön über mehrere Steckdosen hinweg. Wir halten Abstand und warten nur noch auf den Moment bis wir hier Alle unter Strom stehen. So schnell wie der Regen kam, geht er auch wieder. Ab auf’s Rad und weiter. Auf dem Weg treffen wir auf viele Jogger und Mountain Biker, die uns nett grüßen und den Daumen zeigen.
Bald wird es ruhiger, weniger Verkehr, mehr Wohnsiedlungen, kaum haben wir die Peripherie der Stadt erreicht, setzt erneut Starkregen ein. Wiederum finden wir Unterschlupf in einem Pavillon unweit eines Spielplatzes. Ja, wir wissen, hier gibt es noch solche Schutzmöglichkeiten, doch mitten im Zentrum der Insel würden wir alt aussehen. Daher traf ich die Vorkehrung und packte das Tarp ein. Das soll nun zur Not aufgebaut werden. So schnell wie hier aber der Regen kommt und wieder geht, amüsieren wir uns gerade bei dem Gedanken, dass es wieder aufgehört hat zu regnen, wenn ich das Tarp endlich mal abgespannt habe.
Wir sitzen noch ein bis zwei weitere Fronten aus, dann kommt es am Horizont heller und wir fahren weiter. Nun ändert sich der Untergrund schlagartig. Nichts mehr mit genüsslichen Dahinrollern und Umherschauen. Nein, nun gilt die volle Konzentration dem Weg. Wir holpern nur so über die Steine hinweg. Die Pfützen meiden wir, wo es nur geht, denn Niemand weiß, was in ihnen lauert. Keiner will sich die Blöße geben und sich gleich am ersten Tag in einer Pfütze baden.
So eiern wir dahin und ich ermuntere die Familie, dass wir bald wieder auf Asphalt stoßen werden. Noch keine 10 km T’railway und wir wissen bereits, dass wir jede Möglichkeit nutzen sollten, Asphalt zu fahren, wo es nur geht. Langsam aber sicher kommen wir in waldiges Gebiet, kleine Örtchen reihen sich wie an einer Perlenkette am Ufer entlang. Der Autoverkehr ist noch sehr stark, wir pausieren an einer Kirche und genießen den Ausblick auf die Bucht. Yvonne erwähnt nebenbei, dass eine Frau im Flieger meinte, dass aktuelle viele Wale vor Ort sind. Wir halten also Ausschau, sehen aber keine.
Auf der welligen Küstenstraße geht es nun weiter, gleich werden wir wieder den T’railway kreuzen. Dort angekommen, ein kurzer skeptischer Blick, aber siehe da, der Belag scheint besser zu sein, wir wechseln wieder auf die Schotterpiste. Obwohl wir richtig Gas geben können, fahren wir noch ohne Druck. Yvonne muss sich erst mit dem Gewicht am Rad anfreunden, taumelt ab und an von links nach rechts. Trotzdem kommen wir gut voran, haben noch genügend Zeit, da die Sonne erst 20.30 Uhr untergehen wird.
Diese Zeit nutzen wir und pausieren nochmals am Strand, wo der T’railway nun endlich weg von den Straßen, einsam an der Küste entlang führt. Es kommt Abendstimmung auf und wir genießen die warme Abendsonne. Sowas kannten wir von unseren bisherigen Reisen nicht, wo wir stets gegen Nachmittag am Camp waren. Mit der untergehenden Sonne noch unterwegs zu sein, das hat was melancholisches. Sehr relaxt radeln wir nun weiter, Alle scheinen noch ein wenig vom langen Flug geschafft.
Ich schlage nun vor, schon hier mal nach einem Camp Ausschau zu halten. Nicht ohne Grund mache ich mir Sorgen, was geeignetes zu finden, denn immer wieder stehen am Strand Häuser. Auf dem Navi kann ich jedoch ein 1 km langes Waldstück erkennen, was wir soeben passieren. Glücklicherweise geht sogar ein kleiner, ausgetretener Pfad links in dieses Wäldchen hinein.
Täve und ich verschwinden im Busch und kehren bald mit der frohen Nachricht zurück. „Camp und Wasser gefunden“. Nach 33 km heißt es Zelt aufbauen, Fahrräder unter dem Tarp vor Regen schützen und dann die letzten Sonnenstrahlen des Tages genießen. Wir sind zufrieden mit dem Verlauf des ersten Tages, stinken aber und sind hungrig. In einem kleinen Wasserloch, nicht weit vom T’railway entfernt, waschen wir uns in gehockter Stellung. Wir wollen doch die Abendspaziergänger nicht erschrecken.
Der Benzinkocher wird angeworfen und ich diskutiere mit Yvonne, wie das zukünftige Befüllen der Benzinflasche nun laufen solle. In St. Johns hatten wir uns an einer Tankstelle die Flasche selbst befüllt, wurden aber vom Personal ermahnt, dass das illegal sei. Benzin kommt nur in den Tank oder in dafür vorgesehene gelbe Kanister. „In der Not haben wir ja noch den HoBo mit, also wird schon gehen“ meint Yvonne. Toll, wieder die neuen Töpfe über dem Feuer einsauen, danke auch.
Die Sonne ist kaum untergegangen und wir beschließen mit ihr schlafen zu gehen, auch Täve widerspricht nicht. Doch ein Schlückchen vom leckeren, kanadischen und nebenbei schweinisch teureren Rum muss aber sein. Wir stoßen auf einen erfolgreichen Start und einen tollen Urlaub an und fallen ins Zelt. Die Daunenschlafsäcke reichen als Decke völlig aus, es sind ca. 14 Grad und angenehm warm.
11.August 2.Tag | Fuchscamp zurück zur Liste
Dieses Mal lassen wir den Wecker weg, mit den ersten Sonnenstrahlen gegen 6 Uhr werde ich wach, aber wie ihr das vermutlich auch kennt, schläft es sich morgens irgendwie am besten. Daher drehe ich mich noch einmal um und stehe erst 8 Uhr auf. Tolles Wetter erwartet mich vorm Zelt. Ich koche erst einmal einen vollen Topf Wasser für Kaffee, Grießbrei und Milch auf. Unterdessen regt sich was im Zelt. Nun werden auch Täve und Yvonne wach. Sie wollen nicht aufstehen, fühlen sich eher genötigt, weil Papa wieder mal Stress macht.
Gemeinsam frühstücken wir ausgedehnt, während durch die Baumwipfel die Sonne unsere Rücken erwärmt. Das ist schon mal ein guter Start in den Tag. Wenig später sortieren wir die Sachen in den Taschen neu. Das Gewicht soll ausbalanciert sein. Daher kam auch die Idee mit der breiten Querpacktasche auf. Hätten wir das variable Proviant in den Seitentaschen verstaut, hätte jeden Tag neu ausbalanciert werden müssen. So aber liegt nun die Provianttasche quer und ist stets ausgeglichen. Außerdem kann das Essen immer in der Tasche verbleiben und ermöglicht durch die Breite einen sofortigen Zugriff auf alle Sachen.
Schon beim ersten Packen merke ich, dass es schneller von der Hand geht als beim Wandern. Man kann immer wieder eine Tasche packen, dann kommt die nächste dran. Gefühlt macht das mehr Spaß und läuft geordneter ab. Gegen 10.30 Uhr wuchten wir dir Räder wieder durch das sumpfige Terrain auf den Weg. Aufsitzen und durchstarten. Es rollt immer noch flüssig dahin. Nach 5 km wird jedoch der Untergrund schlagartig schlechter, wir wechseln auf die Straße und nehmen lieber den Autoverkehr in Kauf.
Wir fahren weiter an einer mäßig stark befahrenen Küstenstraße entlang. Die Stimmung, die wir einfangen, ist fantastisch. Fischerboote liegen vor Anker, Familien entspannen am Strand oder in den idyllisch gelegenen Häusern. Man wird förmlich von der Ruhe mitgerissen und wir pausieren am Maloneys Beach. Da der T’railway keine 10m entfernt von der Straße entlangführt, fällt die Entscheidung leicht, welchen Pfad wir nach der Pause einschlagen.
In Avondale ist ein Stopp obligatorisch.
Erst hatten wir noch drüber gesprochen, dass es interessant sei, mal Züge zu sehen, die früher auf den Gleisen gefahren sind und just hier wird unser Wunsch erfüllt. Täve klettert auf einem ca. 4m hohen Schneeschieber herum, der im Winter vor die Lok gespannt wurde um das Gleisbett frei zu räumen. Imposant!
Bald aber stehen wir vor der Frage: kurzer T’railway oder Umweg auf Straße. Es rollt gerade so gut, der Verkehr lässt nach, also bleiben wir auf dem Asphalt. Der T’railway hätte noch genügend Möglichkeiten, uns zu zermürben. Kurz bevor wir den Transcanadian Highway (T.C.H.) queren, ist es soweit. Nun kommt nur noch der T’railway in Frage. Da wir nun die kommenden vier Tage überwiegend T’railway fahren werden, senke ich den Luftdruck der Reifen von 4 auf schätzungsweise 2.5 bar.
Schlagartig lässt es sich auch schon besser fahren. Die Steine schnipsen nicht mehr wie Kugelhagel durch Gegend, es ist angenehmer für die Gelenke und man hüpft nicht mehr im Sattel so dahin. Wir unterfahren nun den TCH und entfernen uns zunehmend vom Highway. Es folgt noch eine kleine Ortschaft namens Brigus Junction und dann sehen wir nur noch einsame Hütten vereinzelt an den vielen Seen. Vermehrt sehen wir nun andere Camper mit Zelt am T’railway.
Es scheinen Einheimische zu sein, die ihr Wochenende genießen und jagen gehen. Sie sind mit Quad unterwegs. Nun haben wir auch keinen Skrupel mehr, unser Zelt direkt am Weg auf zu bauen, denn Möglichkeiten gibt es hier viele.
Nach 40 km entdecken wir ein lauschiges Plätzchen am Railway Pond. Ehe wir wieder keins finden, wenn wir konkret danach suchen, nehmen wir doch lieber gleich diesen Platz.
Eine Feuerstelle ist auch vorhanden, wir verzichten aber noch auf ein Lagerfeuer. Bald wird es unumgänglich sein, eins zu entfachen. Alles ist bald hergerichtet und schon jetzt zeichnet sich ab, dass 60 km / Tag auf dem T’railway unmöglich sind. Ich hoffe ein wenig auf die langen Asphaltpassagen, wo wir das noch aufholen können.
Der T’railway Abschnitt verbindet hier anscheinend viele kleine Örtchen und ehrlich gesagt, kann ich es nachvollziehen, dass es sicherlich auch Spaß macht, einfach nur mit dem Quads hier herum zu heizen. Wir nehmen das so hin und die Einheimischen grüßen auch immer nett beim vorbeizischen. Jedoch sind die Zeitfenster zwischen den Quads sehr eng, um mal schnell nackt in den See zu springen.
Nun muss also alles schnell gehen. Ausziehen, nackt schnell zum 10m entfernten See rennen, waschen, schnell zurück rennen und hinterm Zelt verstecken. Erwischt Dich hier ein Quad, würden beide Seiten wohl ins Staunen kommen. Wir Nacktbader bleiben unentdeckt, nur Mr. Fuchs, dieser Voyeurist, schleicht aus dem Busch und schaut uns zu. Damit können wir alle Drei aber leben.
Beim Abendmahl haben wir mal wieder große Auswahl: Spaghetti, Spirelli oder Bandnudeln! Mit reichlich Zwiebeln und Dosenfleisch angereichert, macht es Alle satt. Wir zwingen uns, alles schön auf zu essen und nichts weg zu hauen. Wir wollen doch keine Tiere anlocken. Was übrig bleibt, kommt in eine Radtrinkflasche und wird Tag darauf als Mittagessen wieder vorgeholt.
Bald wird es schlagartig ruhiger, ein klarer Sternenhimmel baut sich über uns auf. Doch was ist das? Am Horizont erblicke ich einen wechselnden Lichtschein. Ich weiß aus Lappland wie Nordlichter ausschauen. Das sah anders aus, aber am Ende kann es nur ein Nordlicht gewesen sein. Wir diskutieren noch ein wenig darüber, ob das sein kann, vertagen aber die Entscheidung und gehen gemeinsam ins Zelt. Drin reden wir noch ein wenig in der Horizontalen, lachen noch ein wenig über bereits Erlebtes und sind bald Alle ruhig.
Interessiert Euch, wie Täve sich auf den 1300 Kilometer durch die kanadische Wildnis geschlagen hat? Wie für uns die ersten Bärenkontakte ausgingen und was wir noch so für Abenteuer erlebt haben? Dann lest den 242 seitigen Reisebericht gern hier weiter.